JDF wird verkauft, aber wird es auch genutzt?
In den 90igern kam das Thema JDF auf. Damals hatte ich keine Kenntnisse von XML, aber die Vision, die sich in unseren Vorstellungen abzeichnete, war perfekt. Einmal erfasste Daten sind – nach Übergabe an die nachfolgenden Kostenstellen – überall verwendbar. Print wurde richtig „sexy“. Welches Automatisierungspotenzial steckte in dem Vorgehen! Selbst das automatische Einrichten von Maschinen war vorstellbar. Kein Sammelhefterführer, der aus Versehen 210mm statt den geforderten 200mm Produktbreite einstellt. Wobei es dabei vorrangig um die Vermeidung von Fehlern, nicht um die gänzliche Abschaffung der Person geht. Sicher, in weiter Ferne wird auch das Bestücken von Maschinen per Roboter möglich sein und der Helfer vielleicht nicht mehr benötigt. Das robotergesteuerte Abnehmen von Produkten läuft bereits seit kurzer Zeit an.
Nach der ersten Euphorie wurde es um das Thema etwas still. Man war gespannt, was nun kommen würde und wer die ersten Maschinen anbietet, die sich nach Dateivorgaben einrichten. Das am Anfang des Produktionsweges Daten vorhanden waren, galt als sicher. Das Falzbogendefinitionen noch nicht verwendbar waren, wissen wir heute auch. Das „harte Metall“ zu ersetzen, in Zeiten rückläufiger Margen, kann nicht mit einfach gekennzeichnet werden.
Die ersten Berührungspunkte gab es für mich 2012. Im Rahmen eines Online-Bestellsystems machten wir uns Gedanken, wie die Informationen, die wir für einzelne Produkte hinterlegten, in der Vorstufe verwendbar waren. Wir haben am Anfang nur eine Kennung Übergeben, mit der die Vorstufe einen vorgegebenen Ausschuss gezogen und die Seiten platziert hat. Noch keine JDF, aber immerhin automatisch.
Intensiv wurde es 2016, als wir die Datenbank des MIS angezapft und die daraus benötigten Informationen verwendet haben, um unser erstes, echtes JDF an die Vorstufe zu übergeben. Mit Übersetzungstabellen haben wir Template-Referencing betrieben. Das PrintPlus einen anderen Weg gehen wollte war uns schnell klar. Allerdings konnten wir uns, bei der vorhandenen Produktionsbreite, einen allumfassenden automatischen Ausschuss nicht vorstellen.
Nach 25 Jahren war eigentlich nichts klar. Es klingt doch ganz einfach. Der Innendienst sieht im MIS einen Bogen vor sich und der wird in der Vorstufe ausgeschossen. Problem: der Innendienst hat die Laufrichtung vom Papier geändert und auf einmal stand in der Vorstufe das Poster im Ausschuss quer auf dem Druckformat. Schnell war klar, dass wir mit referenzierten Templates anhand von Kennziffern besser fahren würden. Zum einen konnten wir dem Innendienst bei solchen Standardjobs die Blaupause nach ein paar Minuten übergeben und die Kunden waren von der Geschwindigkeit begeistert. Was aber viel wichtiger war: es gab in der Vorstufe fast keine Flüchtigkeitsfehler mehr, die bislang den Hauptanteil ausmachten. Was war passiert? Die Standards wurden mit Templates erstellt, die definitiv so bereits fehlerfrei die Produktion durchlaufen hatten. Die Flüchtigkeitsfehler waren gänzlich verschwunden. Die Aussage „ich mach mal schnell einen 16er“ verbarg schon ein gewisses Gefahrenpotential. Die anspruchsvolleren Jobs wurden mit mehr Zeit verarbeitet und auch dort reduzierten sich die Fehler erheblich. Der Vorteil für das Unternehmen lag damit schnell und unmissverständlich auf der Hand.
Damit nahm das Thema richtig Fahrt auf. Im Grunde stellen wir jetzt aber fest, dass es für den Standard keinen Standard gibt. Zum Beispiel die Plattenbelichtung: die Platten werden von PrintPlus an Kodak gemeldet. Kodak verarbeitetes die Meldung und wenn die Platte belichtet ist, meldet der Belichter die Fertigstellung per JMF zurück. Einfach, oder? Und in der Planung sieht man auch, dass der Vorgängerprozess für den Offsetdruck erledigt ist. Ja funktioniert. In der Nachkalkulation kommen nun auch die CIP4 Daten für die Druckmaschine als Menge für Platten an!? Doch nicht einfach…
„Sicher, wir haben gerade auf prozesslose Platte umgestellt“. Da muss man natürlich nachjustieren. Und jetzt erreiche einen der JDF-Gurus. Die Personenbezeichnung meine ich nicht negativ. Ich ziehe den Hut vor den Personen, die in dem „Dschungel“ den Überblick haben. Mir sind noch nicht mal eine Hand voll bekannt.
Es ist eine gewisse Ironie in dem vorangegangenen Absatz ersichtlich. Die Firmen verkaufen JDF-Fähigkeit, aber Geld verdienen können sie damit anscheinend nicht. Sonst wären mehr Fachkräfte, oder ist Nerds besser getroffen, bei den Herstellern damit beschäftigt.
Jetzt scheint der erste Schritt in die Folgeabteilung Vorstufe noch nicht gegessen zu sein. Ohne eigene JDFS für das Template-Referencing hätten wir das Thema wieder ad acta gelegt. Und wie stellt man sich die Zukunft vor? Kommen wirklich im breiten Feld Daten an den Maschinen an?
Den anfänglichen Hype um JDF gibt es definitiv nicht mehr. Vielleicht war es auch nur ein gepuschtes Verkaufsargument. Und eigentlich reden wir über ein XML, was durch JDF standardisiert werden soll. Das scheint nicht zu funktionieren. Wo stehen wir also derzeit? Gibt es durch Industrie 4.0 vielleicht „neuen Wein in alten Schläuchen“? Im Wesentlichen sitzen die gleichen großen Player am Tisch, die sich seit 30 Jahren abstimmen wollen. Der Vorstoß von XJDF könnte ein Ansatz für das Kernproblem sein. Jeder macht doch ein bisschen was Anderes und eine Übersetzung von A nach B könnte helfen. Sprich, wenn die Firmen nach 25 Jahren es nicht geschafft haben einheitliche Schnittstellen zu schaffen, schaltet man Tools dazwischen.
Wir hoffen, hier konzentriert man sich vorrangig auf den internen Ablauf. Die wichtige Fehlervermeidung durch interne elektronische Datenweitergabe an die Folgeabteilung steht für uns an erster Stelle. Die Zeiteinsparung kommt kurz dahinter.
Die Kommunikation mit externen Kunden oder Dienstleistern per XML gehört für uns ins das Thema Industrie 4.0. Hier sehen wir allerdings die Zeiteinsparung vor der Fehlervermeidung.
Wir sind gespannt, wie es weitergeht. Sicher gibt es Firmen die JDF komplett praktizieren, aber mit welchem Aufwand. Über Infos dazu wäre ich dankbar. Schreibt es doch in die Kommentare.